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Freitag, 15. Mai 2015

SPRINT voran - digitalisierte Gefechstfahrzeuge für das digitalisierte Gefechtsfeld

Munster/Koblenz (ww) Das Gefechtsfeld der Zukunft digitalisiert sich. Das spiegelt sich natürlich auch in der Ausstattung der dort eingesetzten Akteure wider. Auch deutsche Streitkräfte und Industrie arbeiten derzeit an verschiedenen Modernisierungsvorhaben. Ein Beispiel ist das Projekt „SPRINT“ (Systronics Project on Intelligent Network Technologies).

SPRINT-Technologietrräger auf dem Symposium "Panzergrenadier 2030" in Munster. Foto: JPW
Unter der engagierten Leitung der Abteilung K1.2 des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnologie und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) werden hier diverse bemannte Experimentalfahrzeuge sowie unbemannter Subsysteme zu einem Effektorenverbund vernetzt. Ein weiteres Beispiel ist das Vorhaben der teilautomatisierten Wirkungskette „Zielerfassung, Zielverfolgung und Waffeneinlauf/Nachführung (ZZW)“. Beide Vorhaben werden derzeit im Rahmen einer „Roadshow“ auf verschiedenen Vorführungen gezeigt. Den Anfang bildete das Symposium „Panzergrenadier 2030“ Anfang März in Munster.
 
Hintergrund
Grundsätzlich unterscheidet man bei der Digitalisierung der Gefechtsfahrzeuge zwischen Vetronics und Systronics. „Vetronics umfasst die Integration aller elektronischen Komponenten und Subsysteme in Gefechtsfahrzeuge und ermöglicht ein modernes Kampfraumdesign. Vetronics ist maßgeblich für die Effektivität und Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems“, so Dipl.-Ing. Hans-Josef Maas vom BAAINbw K1.2. „Die Vernetzung der Soldaten und intelligenter Plattformen wie Fahrzeuge, unbemannte Aufklärungs- und Sensorsysteme und Effektoren miteinander erweitert Vetronics zu Systronics. Beide bilden die Basis der Vernetzten Operationsführung.“
Bei der Modernisierung und Digitalisierung der Gefechtsfahrzeuge stehen nicht nur die rein militärischen Anforderungen der „vernetzten Operationsführung“ im Fokus. So gibt es unterdessen im zivilen Automotive-Bereich etliche Assistenzsysteme, die auch einer militärischen Besatzung die Bedienung ihrer komplexen Gefechtsfahrzeuge erleichtern können. Natürlich müssen aber diese zivilen „Human-Machine-Interfaces“ nicht nur den Vorgaben der zivilen Straßenverkehrszulassungsordnung genügen. Vielmehr müssen sie zu militärischen „Soldier-Machine-Interfaces“ weiterentwickelt werden, denn es steht nicht der gestresste Berufskraftfahrer, sondern der gefechtsgestresste Soldat im Fokus. Um diese „Soldat-Maschine-Schnittstellen“ bei künftigen Entwicklungen, aber auch bei Nachrüstungs- und Modernisierungsprogrammen berücksichtigen zu können, soll es innerhalb der NATO eine standardisierte offene Architektur unter anderem für die Führungssysteme von Gefechtsfahrzeugen geben. Hierzu entsteht derzeit ein neues Standardisierungsabkommen, nämlich das NATO Generic Vehicle Architecture Standardization Agreement (NGVA STANAG 4754).

SPRINT-Technologieträger in Munster
Aus dem Projekt SPRINT wurden in Munster der „Wiesel 2 Digital Intelligent Technology Carrier Heer (WITCH)“ vorgestellt. Er gehört zu den ersten digitalisierten Gefechtsfahrzeugen.

SPRINT-Technologieträger WITCH. Foto: JPW
Weiterhin war der ebenfalls von Rheinmetall auf Basis der GTK Boxers mit Sanitätsmodul realisierte „JODAA (Joint Operational Demonstrator for Advanced Applications)“ ausgestellt.

SPRINT-Technologieträger JODAA. Foto: JPW
Weiterhin nahm an der Vorfühung der Systronics-Demonstrator „PANTHER“ teil. Bei der „Platform for Applications and New Technologies in Heterogenous Environments in multiple Roles“ handelt es sich um einen komplett von Rheinmetall modifizierten und modernisierten Marder 1A3 mit digitalisierter Ausstattung von Diehl Defence.
SPRINT-Technologieträger PANTHER. Foto: JPW



ZZW
Hintergrund der teilautomatisierten Wirkungskette ZZW sind die gegenwärtigen Einsatzerfahrungen in asymmetrischen Konflikten. So müssen selbst gut geschützte Fahrzeuge durch einen Verbund aus Sensoren rundum und dreidimensional Bedrohungen schnell erkennen und gegebenenfalls bekämpfen können.

TM170 SENSATION. Foto: JPW
In dem in Munster gezeigten Szenario stand hierzu der Technologieträger auf Basis des gepanzerten Fahrzeugs TM170 „SENSATION“ im Mittelpunkt. „SENSATION“ steht für Sensor-Effector-Network for Situational Awareness and Tactical Interoparability for operational Needs“.

Demo-Konfiguration Gemeinsames Rollenorientiertes Einsatzlagebild
Ergänzend zu den amtsseitigen Präsentationen demonstrierte ein Konsortium aus der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG), Exelis, dem Fraunhofer IOSB sowie Griffity, wie sich in einem Führungs- und Informationsverbund Gemeinsame Rollenorientierte Einsatzlagebilder zwischen Gefechtsständen und abgesessenen Soldaten unter Einbindung diverser Sensoren realisieren lassen.
FFG PMMC G5. Foto: JPW
Hierzu kamen UHF-Datenfunkgeräte (Enhanced High Capacity Data Radio/EnHCDR), handgehaltene UHF-Funkgeräte (SpearNet), gehärtete Tablet PCs sowie weitere Sensorik zum Einsatz. Im als Führungsfahrzeug fungierenden FFG „Protected Mission Module Carrier G5“ bildete zudem ein eingerüsteter digitaler Kartenlagetisch das Herzstück. Auf dem ließen sich Lageanalyse, Lageführung und Einsatzplanung vornehmen.
Digitaler Kartentisch. Foto: JPW


Ausblick
Schon rein äußerlich fallen die SPRINT-Technologieträger durch ihr markantes digitales Tarnschema auf und wirken futuristisch. Die kurzen Einblicke in SPRINT und die weiteren vielseitigen Projekt zeigen aber, dass die Zukunft schon längst begonnen hat. Die Vorführung in Munster bildete zudem nur einen Auftakt einer inzwischen fortgesetzten „Road Show“ des BAAINBw und der Industrie zum Thema Vetronics und Systronics. Der SPRINT geht voran - mehr dazu in einer der nächsten Ausgaben der "Europäischen Sicherheit & Technik" und natürlich hier!

Text und Fotos: © by Jan-P. Weisswange 2015